Von der Jurysitzung bis zur Gewinnerbekanntgabe: Heinze ArchitekTOUR Kongress bietet Rahmen für Preisverleihung
Über 300 eindrucksvolle Objekte und 72 bemerkenswerte Einreichungen von Studenten wurden von der Jury gesichtet und am 13. November 2019 wurden die Gewinner im Rahmen des Heinze Architekturkongresses feierlich bekanntgegeben.
Nichtwohnbau war das Thema des diesjährigen Heinze ArchitektenAWARDs, zu welchem zahlreiche anspruchsvolle und innovative Objekte eingingen. Jedes Projekt für sich hat eine Auszeichnung verdient, aber pro Kategorie konnte es nur einen Sieger geben – wobei ein Projekt zum Gesamtsieger gewählt wurde. Diese Aufgabe hatte folgende Jury inne: Stefan Behnisch (BEHNISCH ARCHITEKTEN), Prof. Anne Beer (Beer Bembé Dellinger Architekten und Stadtplaner) und Prof. Katja Knaus (Yonder Architekten).
Die Planung mit BIM erhält immer mehr Relevanz, daher hat Heinze auch in diesem Jahr einen Sonderpreis BIM für die besten geplanten BIM-Projekte ausgelobt, der exklusiv von Gira gesponsert wurde. Die BIM-Jury war ein eingespieltes Team, denn auch im letzten Jahr entschieden Peter Knoch (Spectrum Group), Nils Krause (hammeskrause Architekten) und Hanns Ziegler (Staab Architekten GmbH) über die beiden Gewinner.
Die Besucher auf heinze.de konnten auch mitentscheiden, denn ihre Onlinevotings waren die Grundlage für die Vergabe der drei Publikumspreise.
Am 13. November 2019 wurden alle Gewinner feierlich im Rahmen des Heinze ArchitekTOUR Kongresses in der Berlin Arena bekanntgegeben. Wir bedanken uns für die Unterstützung beim Heinze ArchitektenAWARD bei den folgenden Partnern: Gira, ROMA, SALTO und WICONA.
Gesamtsieger
Initiative Rising Star – Schulgebäude für Hopley, Simbabwe
Ingenieure ohne Grenzen e.V.
Begründung der Jury
Das Schulgebäude wurde am Rande der simbabwischen Hauptstadt Harare gebaut. Es wurden traditionelle Materialien wie Ziegel verwendet – Materialien, die örtlich verfügbar und verarbeitbar sind. Aus ökologischen Gründen wurde auf Holz fast völlig verzichtet. Ein klares, passives Klimakonzept wurde umgesetzt, um den Komfort im Sommer wie im Winter für die Schülerinnen und Schüler zu gewährleisten. Hierbei unterstützt das Material Ziegel. Wenn der letzte Bauabschnitt fertiggestellt sein wird, wird die Schule einen schützenden Innenhof für die Kinder bilden. Das Projekt zeigt auf eindrucksvolle Weise nicht nur die Hilfsbereitschaft, sondern auch den Respekt, der dieser Aufgabe gezollt wurde. Diese Schule ist etwas Besonderes in einer Gesellschaft, in der wenig vom Staat zu erwarten ist. Und dieses Besondere wurde in angemessener Form architektonisch fein umgesetzt. Kein Experimentierprojekt, sondern ein klares, formal gutes, aber nicht überzogenes, klimatechnisch durchdachtes Gebäude wurde hier geplant, das auch die gesellschaftliche Bedeutung einer Schule eindrucksvoll hervorhebt. Die Ernsthaftigkeit dieses Projekts, der Wunsch die Aufgabe gewissenhaft zu bearbeiten und der Aufgabe gerecht zu werden, ist deutlich. Der Wunsch ist erkennbar, etwas zu geben, das sowohl materiell als auch technisch angemessen, formal im Kontext in Erscheinung tritt. Ohne den abgerückten Duktus, der solchen Projekten oft anhaftet. Die Jury honoriert mit dem ersten Preis insbesondere das Anliegen, in einer sozial herausfordernden Situation für die Anwohnerinnen und Anwohner sowie deren Kinder einen besonderen Ort zu schaffen, der den gesellschaftlich übergeordneten Wert von Bildung auf architektonisch herausragende Weise darstellt und doch die örtlichen Gegebenheiten akzeptiert und gekonnt umsetzt. Das Projekt überzeugt die Jury sowohl architektonisch als auch in seiner gesellschaftlichen Relevanz.
Sieger in der Kategorie „Wirtschafts-, Industrie- und Gewerbebau“
Wertstoffhof und Straßenreinigungsdepot in Augsburg
KNERER UND LANG Architekten GmbH
Begründung der Jury
Gewerbliche Entsorgung und Straßenreinigung stellen in unserer Gesellschaft Leistungen der Daseinsvorsorge dar und werden dennoch vielfach als selbstverständlich vorausgesetzt. Abfall- und Kreislaufwirtschaft erhalten in Zeiten von Klimawandel und der Debatte um nachhaltiges Wirtschaften zusätzliche Relevanz. Das Augsburger Betriebsgebäude nicht im Sinne von Katalog- und Containerware auf eine reine Funktionsstätte herunterzubrechen, sondern als anspruchsvolles architektonische Projekt mit Bedeutung aufzuladen und dieses auch selbstbewusst zu kommunizieren, ist ein Verdienst der Architekten Knerer und Lang. Die Liegenschaft befindet sich im Kreuzungsbereich von Holzstraße und B17, nördlich des Gewerbegebiets Oberhausen, im Übergang zu Kleingartenanlagen und einem übergeordneten Grünzug. Das Programm von circa 5.700 Quadratmeter BGF gruppiert die unterschiedlichen Nutzungen von Verwaltung, Sozialräumen, Fahrzeughallen, Magazinen und Containerstellplätzen mit Kundenverkehr ringförmig unter einem Dach um einen großzügigen zentralen Innenhof. Die entsprechend Funktionsanforderung unterschiedlichen Gebäudetiefen und Raumhöhen der Teilbereiche staffeln die entstehende Großform in Grundriss und Schnittprofil plastisch interessant. Während sich die überschiebenden Gebäudeflanken im Zugangsbereich öffnen und einen Blick in den Werkhof und seine Abläufe erlauben, wird die Gebäudefigur zur Bundesstraße hin zweigeschossig zu einer Kopfsituation angehoben. Die Fassadengestaltung differenziert zwischen gestaffelter Umform und perspektivisch orientiertem Innenhof. Der Hof artikuliert sich offensiv technisch, mit Trapezblech ausgeschlagen, und über alle Öffnungen hinweg in kräftigem Olympiablau gefasst. Demgegenüber tritt die Außenfassade mit vorvergrauten Lärchenholzleisten eher zurückhaltend auf und vermittelt in Richtung der angrenzenden Landschaftsräume. Die sich treppende Dachlandschaft ist in Teilen begrünt. Alle gewählten Oberflächen sind der Nutzung entsprechend funktional, kostengünstig und robust gewählt. Die Besonderheit des Gebäudes liegt in dem bewusst entwickelten Kontrast zwischen äußerer und innerer Fassade und der resultierenden Raumwirkung: Vom Holzweg aus erschlossen, empfängt das Gebäude den Besucher über einen plastisch gegliederten Baukörper, mit Holzfassade natürlich bekleidet. Die Funktion des Orts kommuniziert über die Hoffarbe zunächst eher indirekt aus der zweiten Ebene. Nach Betreten des Werkhofs ändert sich die Raumwahrnehmung komplett: Die Farbwelt des hellen, intensiv türkisen „Olympiablau“ umfängt den Besucher allumfassend und autonom. Durch den starken Komplementärkontrast zwischen dem Orange der städtischen Fahrzeuge und Schutzkleidung der Mitarbeiter im „Blauraum“ des Hofs wird die Situation artifiziell verfremdet und dabei szenografisch aufgeladen: Der Hofraum wird zur Bühne der dort angeordneten Aktivitäten, die damit im Raumerleben an Bedeutung gewinnen. Die Arbeitsprozesse und beteiligten Menschen, werden in ihrer Sichtbarkeit verstärkt und erhalten damit auch zusätzliche Wertschätzung. Das Projekt überzeugt die Jury sowohl architektonisch als auch in seiner gesellschaftlichen Relevanz.
Sieger in der Kategorie „Kultur-, Veranstaltungs- und Sportbauten“
Kirchenzentrum Seliger Pater Rupert Mayer, Poing
meck architekten gmbh
Begründung der Jury
Orte des Innehaltens und der inneren Einkehr in unseren übervollen Ereigniswelten mit modernen Mitteln kraftvoll und überzeugend zu gestalten, ist eine Herausforderung. Mit dem Kirchenzentrum Seliger Pater Rupert Mayer entsteht ein solcher Ort in unserer Mitte. Nah an einer stark befahrenen Straße und inmitten eines lebhaften und wachsenden Stadtteils von Poing gelingt es den Architekten, mit der städtebaulichen Setzung des Gebäudes einerseits den angrenzenden Grünzug eines Weihers so für sich zu nutzen, dass die Blicke der Kirchenbesucher in eine andere Welt gelenkt werden, und andererseits den skulpturalen Kirchenbau eigenständig und dank seiner großen Öffnungen zugleich einladend in dieser heterogenen städtebaulichen Situation zu positionieren. Geschosshohe monolithische Wänden aus Nagelfluh, dessen eingeschlossene Kiesel eine dezente Vielfarbigkeit erzeugen, tragen eine expressive Dachform, die mit 15.000 schneeweißen, dreidimensionalen Keramikkacheln verkleidet ist. Die beiden Ebenen symbolisieren Erde und Himmel, Immanenz und Transzendenz. Das Thema wird im Innenraum fortgeführt und um die Wirkung des einfallenden Lichts ergänzt. Drei große Oberlichter, ein Sinnbild der Dreifaltigkeit, beleuchten gezielt die liturgischen Orte. Die Unterseiten der steilen Dachscheiben sind weiß gekalkt, was die diffuse Lichtverteilung begünstigt. Ein gewaltiges Raumkreuz überspannt den gesamten Raum. Es trägt das Gebäude symbolisch wie auch konstruktiv. Abstrakte Formgebung und geschickte Modellierung mit Licht erzeugen eine Atmosphäre, die mit dem In-die-Höhe-Streben historischer Sakralbauten vergleichbar ist. Statt der Überladung des Raums mit religiösen Gemälden und Figuren, besticht das Gebäude durch seine subtile Symbolik und Kargheit. Das beeindruckende Zusammenspiel aus Raum, Material und Licht überzeugt die Jury vollkommen.
Sieger in der Kategorie „Sonderbauten“
Hoverbox
NAICE architecture and design
Begründung der Jury
Das Warming Huts Festival widmet sich jährlich der kreativen Auseinandersetzung mit dem Thema der Schutzhütte. Mit der Hoverbox scheint ein weißes, rechteckiges Volumen als Landmark über Eis zu schweben und markiert eine kleine Rastfläche beim Eislaufen am sogenannten River Walk in Winnipeg Kanada. Vergeblich suchen Betrachter nach tragenden Elementen. Allein die Beine derer, die das Innere des Raumes betreten, sind zu sehen sowie acht stählerne Streben, die aber mit Kleidungsstücken und Schuhwerk so drapiert sind, dass sie andere Besucher vortäuschen und ihre Stützfunktion verschleiern. Eine einfache Maßnahme zeigt hier große Wirkung. Viel zu kurz gegriffen wäre allerdings, dieses kleine feine Projekt auf den raffinierten Kunstgriff der Verschleierung zu reduzieren. Das Innere des kleinen Pavillons vermag noch mehr: Korridore mit Bänken für kurzes Verweilen sind dort dergestalt labyrinthisch verschlungen, dass Besucher in ihrer Bewegung durch diesen Ort immer wieder aufeinandertreffen. Schmale Löcher in den Wänden führen zu häufigen unerwarteten Blickkontakten. Unvermutetes Aufeinandertreffen Fremder im engen Dunkel des Innenraums wird hier bewusst provoziert, soziale Kommunikation im öffentlichen Raum als Spielplatz für Groß und Klein ganz selbstverständlich und beiläufig initiiert, während Bilder umherirrender Beine unter weißer Haube für den Außenstehenden faszinierend und rätselhaft erscheinen. Die Jury würdigt mit dem Preis für das Projekt Hoverbox in der Kategorie Sonderbauten die herausragende Idee für das architektonischen Konzepts, das bei hohem gestalterischem Anspruch weder Humor noch sozialen Anspruch missen lässt.
Sieger in der Kategorie „Bildungsbauten“
Stadtbibliothek Heidenheim
Max Dudler Architekten
Begründung der Jury
Das Grundstück der Stadtbibliothek in zentraler Lage Heidenheims bildete einen herausfordernden Rahmen für das Gebäude. Es ist trapezförmig zugeschnitten, hat keine klaren Vorder- oder Rückseiten, liegt in zweiter Reihe hinter einem recht großen Gebäude in unmittelbarer Nähe des Rathauses, ohne jedoch einen direkten Bezug zu haben. Inhaltlich scheint dieses Gebäude mit seinen öffentlichen Funktionen wohl eher dem Rathaus zugehörig, städtebaulich bildet es einen eigenen Block im Stadtgefüge, mit der Umgebung korrespondierend, jedoch sich nicht anpassend. Auf der Ostseite schafft der lange Baukörper eine neue Promenade, die in Nord-Süd-Richtung Busbahnhof und Rathaus verbindet. Das Haus geht mit der Gliederung der Baukörper auf die umgebende etwas heterogene Situation ein. Die klaren, gegliederten Fassaden mit ihren großzügigen Fensteröffnungen setzen ein selbstbewusstes Zeichen und unterscheiden sich bewusst von der Umgebung. Das Ziegelmaterial der Fassaden wirkt schlüssig in der Umgebung bezieht sich auf das nahegelegene Schloss. Im Erdgeschoss und ersten Obergeschoss sind unterschiedliche öffentliche Funktionen wie z.B. Stadtarchiv, Veranstaltungssaal, Medienzentrum angeordnet, im zweiten Obergeschoss erstreckt sich die Bibliothek über die gesamte Länge des Gebäudes. Es entsteht ein spannender Raum, der über seine gesamte Länge wahrgenommen werden kann. Die Jury honoriert die Umsetzung auf einem innerstädtischen Grundstück, die einen besonderen Ort für Gemeinschaft und Bildung mit einem architektonisch herausragenden Anspruch schafft.
Sieger in der Kategorie „Bauten im Sozial- und Gesundheitswesen“
Jakob-Sigle-Heim
wulf Architekten
Begründung der Jury
In unserer Gesellschaft ist der Anteil der Bevölkerung im dritten und vierten Lebensalter weiter zunehmend. Der Bedarf an sozialen Einrichtungen, die Wohnraum für Menschen bereitstellen, die auf Unterstützung ihrer Alltagsabläufe oder Pflege angewiesen sind, ist entsprechend steigend. Das Jakob-Sigle-Heim als Pflegeheim bietet im Zentrum eines Wohngebiets der 1950er-Jahre in Kornwestheim den Bewohnern dieses Stadtquartiers die Möglichkeit, auch in der neuen Lebensphase „im Viertel“ wohnhaft zu bleiben. Sowohl städtebaulich und architektonisch als auch im sozialen Projekt stellt sich das Büro Wulf Architekten dieser Aufgabe auf hohem Niveau beispielgebend. Der städtebauliche Kontext des Projekts wird durch die umgebende Bebauung der 1950er-Jahre-Zeilenbauten geprägt, die in Umfang, Gleichmaß und Monofunktion einen insgesamt eher anonymen Stadtraum erzeugen. Im Zentrum des Quartiers, zwischen Rosenstein- und Helfenstein-/Beate-Paulus-Straße befinden sich bereits eine Kirche mit Gemeindehaus und öffentliche Grünanlagen. Hier wird zentral der Neubau des Jakob-Sigle-Heims eingeordnet. Die Architekten ergreifen die Chance, das Pflegeheim mit Veranstaltungssaal, Praxis für Ergotherapie und ambulanten Diensten auch als öffentlichen Anlaufpunkt für das gesamte Quartier zu artikulieren. Das H-förmige, solitär ausdrucksstarke Haus öffnet sich einladend nach Norden und Süden. Der dunkel gefasste Sockel enthält die öffentlich zugänglichen Programme, die darüberliegenden Flügel der Wohngeschosse schwingen in expressiver Geste leicht aus. Die in hellem Besenstrich elegant gefassten Putzfassaden und großzügigen Panoramafenster der Pflegezimmer unterstützen den selbstbewussten Ausdruck des Hauses und seinen Austausch mit dem Wohnviertel. Die Obergeschosse nehmen je zwei Wohngruppen mit 15 Einzelzimmern und „offenem Wohnzimmer“ auf, welches den Bewohnern ermöglicht, zu kochen, gemeinsam zu essen oder ihre Nachbarn zu treffen. Die jeweils 15 Zimmer orientierten sich nach Ost und West in die angrenzenden, halböffentlichen Grünräume, die gemeinschaftlichen Wohnräume mit den Balkonen öffnen sich zu den beiden Höfen der Gebäudeeinschnitte. Im gegebenen Rahmen wird so den Bewohnern über den Tageslauf das Erlebnis einer abwechslungsreichen, differenzierten Lichtstimmung im Innen- und Außenbereich ermöglicht. Personalräume, Pflegeräume und Pflegebäder der Einrichtung sind im Zentrum des H-förmigen Grundrisses gebündelt. Dadurch kann im Sinne eines „back-to-back“-Systems auf Doppelungen dienender Räume verzichtet werden und im Betrieb des Pflegeheims Personal kompakt eingesetzt werden. Die im Entwurf vorgegebene Fläche von 14,7 Quadratmeter je Pflegezimmer ist sehr begrenzt. Über die Entwicklung nach außen gestülpter „Panoramafenster“ wurde daher versucht, ein Gefühl räumlicher Großzügigkeit zu vermitteln, die auch in der Pflegesituation, aus dem Bett heraus, als freier Blick in den Außenraum positiv stimulierend erlebt werden kann. Die mit Holz bekleidete tiefe Fensterbank kann darüber hinaus einem Alkoven gleich angeeignet werden. Das Projekt überzeugt die Jury in seiner Haltung von Präzision, Sorgfalt und Wertschätzung, die sich auf allen Maßstabsebenen – von der städtebaulichen Setzung bis hin zum Baudetail – durchgängig ausdrückt.
Sieger in der Kategorie „Nachwuchsarbeiten“
320 Water Street – The Spheres Casino Tower
Léonie Marlene Cécile Köhler, TU Braunschweig
Begründung der Jury
Das Projekt The Spheres Casino Tower zeigt gekonnt, wie ein multifunktionales Hochhaus strukturiert sein könnte. Am Beispiel eines Casinos mit Hotel wird die üblicherweise horizontale Bauaufgabe vertikal gegliedert entwickelt. In übereinander angeordneten Kugeln, den sogenannten Sphären, sind die Sonderfunktionen wie z.B. Casinoräume untergebracht. In den Ebenen neben diesen Kugeln befinden sich die Bereiche des Hotels. Die geometrisch komplex erscheinende Struktur ist letztendlich doch klar gegliedert und gut organisiert. Der Entwurf ist durchdacht, gestalterisch interessant und formal gut entwickelt. Auch wenn man durchaus diskutieren könnte, ob ein Casino in solch prominenter Lage mit phantastischer Aussicht in einem Hochhaus richtig platziert ist oder besser irgendwo sonst im platten Land sein sollte, denn kaum ein Spieler wird die Aussicht genießen, sollte man die Qualitäten des Entwurfs anerkennen. Die Lösungsansätze und Durcharbeitung wären auch auf andere Aufgaben übertragbar. Die Arbeit zeigt eine formale Sicherheit und Durcharbeitungsstufe, die von der Jury anerkannt und honoriert wird.
Sieger in der Kategorie „Nachwuchsarbeiten“
An economy of means. Residential transformation in Athens
Jonas Hamberger, Eva Ho¬ffmann und Vanessa Salm, TU München
Begründung der Jury
Architektur kann für unsere Gesellschaft Relevanz entwickeln, sofern wir uns als Architekten der Themen annehmen, mit denen Architektur im Sinne einer nachhaltigen Gestaltung entwickelt werden kann. Die Arbeit „An ecomomy of means. Residential transformation in Athens.“ greift Themen von gesellschaftlicher und sozialer Brisanz gleichermaßen auf unterschiedlichen Ebenen auf und führt sie zusammen. So geht es in dieser Arbeit zum einen um die Auseinandersetzung mit leer stehendem Baubestand und dessen Potenzial für eine architektonische Weiterentwicklung bzw. Rückführung in den Wohnungsbau. Zum anderen geht es aber auch um die Schaffung günstigen Wohnraums und nicht zuletzt sollen im Sinne gemeinschaftlichen Zusammenlebens die Raumbedürfnisse der unterschiedlichen Protagonisten in dem Gebäude kontinuierlich neu verhandelt werden können, indem durch leichte Aluminiumtrennwände Flexibilität in der Grundrissgestaltung möglich wird. So werden im Interesse eines schonenden Umgangs mit Ressourcen ergänzend bestehende Ausbaustandards hinterfragt. Freilich ist es nicht einfach einen solch umfangreichen Blumenstrauß selbst gestellter Herausforderungen in allen Teilen zur Perfektion zu bündeln. Ob die gezeigten Aluständerwände so wirklich funktionieren werden können, darf gefragt werden, und ebenso, ob die gezeigten Grundrisse in Teilen nicht noch konsequenter in Richtung einer umfangreicheren Varianz für gemeinschaftliches Zusammenleben hätten entwickelt werden können. Die Jury würdigt aber den grundsätzlichen sozialen Anspruch an die Möglichkeiten architektonischer Gestaltungsprozesse in diesem Entwurfsprojekt sowie Umfang und sehr überzeugende Qualität der präsentierten Darstellungen. Das gewählte Konzept des Verwebens, wird mit der vorliegenden Arbeit nicht nur als geometrisches Prinzip begriffen, sondern auch als Mittel des inhaltlichen Verwebens und der Schaffung gesellschaftlichen Zusammenhalts. Diesen gelungenen Ansatz honoriert die Jury mit einem Preis.
Sieger in der Kategorie „Nachwuchsarbeiten“
buy back berlin
Philipp Preiss und Tobias List, Universität der Künste Berlin
Begründung der Jury
Die Wohnungsfrage hat die Hochschulen erreicht und bietet die Chance, dort frei von Praxiszwängen innovative Modelle zu erarbeiten, die als Praxistransfer in die öffentliche Diskussion zurückfließen und gesellschaftliche Relevanz erreichen können. In ihrer BA-Thesis greifen Philipp Preiss und Tobias List das Thema an ihrem Studienort Berlin auf. Aktuelle Diskussionen führen sie in einer übergeordneten These zusammen: Wohnungsbau soll als „soziale Infrastruktur“ der Stadt neu bewertet und der Spekulation entzogen werden. Berlin soll für diese Neuausrichtung ihrer Wohnungsbaupolitik in großem Stil Grundstücke zurückkaufen – buy back berlin – und langfristig im Eigentum halten. Für Projektentwicklung kostengünstigen und nachhaltigen Wohnungsbaus werden kooperative Gesellschaftsformen vorgeschlagen, da ihre sozialen Interessen per Definition gegenüber einseitig wirtschaftlicher Spekulation überwiegen müssen. Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg ist als Stadtraum mit hohem Potenzial für Buy-Back-Projekte Untersuchungsgebiet. An der Warschauer Straße erarbeitet Tobias List über sein Entwurfsprojekt exemplarisch, wie sich unterschiedliche Nutzer und Programme eines kooperativen Wohnquartiers räumlich artikulieren und zu einer eigenständigen Architektur-Grammatik finden können. Das vorgeschlagene Projekt entwickelt ein hybrides Stadtquartier von ca. 220 Einheiten mit umfangreich zugeordneter Infrastruktur. Zielwert für Dichte ist eine FAR grösser 6. Kreislaufansätze für Herstellung und Betrieb des Quartiers werden andiskutiert, das „offene Programm“ beispielhaft über die Akteure der Kooperative „kuratiert“. Die Individualbereiche der Bewohner werden nutzungsoffen für Wohnen, Gewerbe oder Produktion vorgeschlagen. Gemeinschaftlich nutzbare Angebote umfassen sowohl soziokulturelle Einrichtungen wie Kitas, Gemeinschaftsküchen, Kino und Schwimmbad, als auch Handel und Dienstleistung wie Marktflächen, Wäscherei oder Gärtnerei. Dem großzügig ausgelegten Erschließungs-System und zugeordneten Gemeinschaftsgärten kommt dabei eine Schlüsselrolle zu, denn die Abgrenzung zwischen Wohnen und Arbeiten, dem öffentlichen und privaten Raum soll offen und sozial produktiv weiterentwickelt werden. Auch wenn einzelne Aspekte des Beitrags kontrovers diskutiert werden – gleichwertige Einordnung von Wohnen und Produktion, Verhältnis von Individualbereichen zu Gemeinschaft und Erschließung z.B. – wird die hohe funktionale, räumliche und soziale Dichte des städtebaulichen und architektonischen Projektes anerkannt. Die intensive Ausarbeitung der Parameter von Programm und Prozess über umfangreich und visuell hochwertig aufbereitetes Bild- und Diagramm-Material kann das Projekt darüber hinaus breit kommunizieren und sowohl Subkultur als auch den Immobilienmarkt erreichen. Die Jury honoriert dieses für eine BA-Arbeit in Analyse, Entwicklung und Entwurf sehr umfassende Projekt mit einem Preis und würdigt damit sowohl den entwurflichen Beitrag als auch einen relevanten Impuls in den gesellschaftlichen Diskurs einer hoch aktuellen Themenstellung.
1. Platz Publikumspreis
Historische Eisbahn im Park „Planten un Blomen“
rimpf Architektur & Generalplanung
Beschreibung
Die Kunsteisbahn wurde anlässlich einer Hamburger Gartenschau im Oktober 1935 gebaut; zur internationalen Gartenschau 1973 wurden die baulichen Anlagen ergänzt und in die Wallanlage integriert. Die Eisbahn ist ebenso wie der Park eingetragenes Garten-Kulturdenkmal. Im Zusammenhang mit der dringend notwendigen baulichen Sanierung sollte auch ein Konzept für die wirtschaftlich verbesserte Nutzung, insbesondere auch für den Sommer, entwickelt werden. Ein interdisziplinäres Team aus der Arge Paul Schüler, Architekt – plp Architekten und Generalplaner und Indoo als potenziellem Betreiber erhielt den Zuschlag für die Ausarbeitung der vorgelegten Idee, die Eisbahn in ihrer Form zu erhalten und sie zur Sommernutzung mit einem Klettergarten zu erweitern. Nach Überarbeitung des Entwurfs durch rimpf Architektur wurde das Café höhengleich und damit barrierefrei an die Eisbahn und an den angrenzenden Außenraum angeschlossen.
2. Platz Publikumspreis
Open Office
Architekten LEE + MIR Partnerschaftsgesellschaft mbB
Beschreibung
Das Bürogebäude R&P steht wenige Kilometer westlich von Leonberg im Industriegebiet Weissach auf einer Anhöhe mit Blick auf das Landschaftsschutzgebiet. Die Architektursprache unterstützt die junge und dynamische Agentur in ihrer repräsentativen Außenwirkung. Die Grundform des Gebäudes ist ein minimalistischer Kubus, der durch polygonale Formen in der Fenster- und Fassadengestaltung dynamisiert wird. Das Erscheinungsbild wird durch den Kontrast zwischen den dunklen Einschnitten und der hellen Putzfassade maßgeblich geprägt. Die umlaufenden Fensterbänder schaffen Transparenz und erlauben Einblicke ins Innere. Der große Anteil der Verglasungen kommuniziert die Offenheit, die im Innenraum gelebt wird, nach außen. Eine Dachbegrünung dient dem Flächenausgleich sowie der Regenwasserzurückhaltung. Der Strom für die Luftwärmepumpe wird durch die eigene Photovoltaikanlage produziert. Achsbasierend steht das Gebäude auf Stahlbetonstützen, sodass auf tragende Innenwände verzichtet werden konnte. Diese Konstruktionsstruktur lässt eine größtmögliche Flexibilität zu.
3. Platz Publikumspreis
Erweiterung Wasserwerk Friedrichsberg Pforzheim
Fritz Planung GmbH
Beschreibung
Die Stadt Pforzheim wird mit Eigenwasser aus dem Grösseltal, der Enzaue und Fernwasser der Bodenseewasserversorgung (BWV) mit Trinkwasser versorgt. Durch den nun anlaufenden Ausbau der Enzquerung der A8 besteht die Gefahr einer Beeinträchtigung des Grundwassers in der Enzaue. Um die Wasserqualität der bislang 8 Versorgungszonen in Pforzheim zu vereinheitlichen und zur Energieeinsparung den Anteil an BWV Wasser zu verringern, wurde weicheres als das harte Enzauenwasser benötigt. Beide Herausforderungen wurden durch die neue Trinkwasseraufbereitung mit einer Verfahrenskombination aus Ultrafiltration und Umkehrosmose bewältigt. Die hierfür notwendige Hochtechnologieanlage, die die Trinkwasserversorgung der gesamten Stadt verändert, bildet mit dem neu errichteten Gebäude neben dem historischen Wasserwerk Friedrichsberg eine Einheit als TWA Friedrichsberg 2018.
Sieger Sonderpreis BIM
Universitäre Altersmedizin FELIX PLATTER
wörner traxler richter planungsgesellschaft mbH
BIM-Begründung der Jury
Das Projekt überzeugt in seiner durchgängig hohen Qualität des BIM Prozesses und der bemerkenswerten architektonischen Durcharbeitung. Als Großprojekt im Gesundheitswesen ist es eines der ersten durchgängig mit der BIM Planungsmethode bearbeiteten Projekte. Es beginnt mit der Erarbeitung des Planungswettbewerbes in 3D BIM. In einem OPEN BIM Prozess erfolgt die Integration und Koordination einer hochinstallierten Gebäudetechnik in vollem Umfang. Es werden föderative BIM Modelle verwandt. Die erforderlichen Rollen des fachspezifischen BIM Koordinators und eines übergreifenden Gesamtkoordinators wurden besetzt. Die Modellierung erfolgt in einem dem jeweiligen Planungsstand entsprechenden LOD. Für die Raum und Planung erläuternde Kommunikation können die übrigen Planungsbeteiligten VR-Brillen nutzen. Das Modell wird auch zur Überprüfung und Optimierung des klinischen Workflows genutzt. Es kommt mit entsprechender Software auch auf der Baustelle zur Qualitätssicherung und Arbeitsvorbereitung zum Einsatz. Die Weiternutzung für das CAFM ist angelegt. Städtebaulich überzeugt die Universitäre Altersmedizin FELIX PLATTER in ihrer differenzierten Gliederung des blockausfüllenden fünfgeschossigen Baukörpers. Über dem Erdgeschoss wird seine Länge durch je einen fast gebäudetiefen Rücksprung unterbrochen. Ein großer und kleinere Innenhöfe ergänzen die Figur. Seine ruhige mineralische Lochfassade überspielt mit geometrisch variierenden Faschen um die Fenster die sicher effiziente Organisation und hohe Flexibilität der Raumstrukturen. Innenräumlich wird die zurückhaltende, angenehme Materialität mit Holz, in Ton gehaltenen Keramikfliesen in den öffentlichen Bereichen bzw. dunklen Bodenbelägen auf den Stationen fortgeführt. Licht fließt aus Decken und erhellt die weißen Wände, was für die Liegend-Patienten sehr angenehm ist. Schlichte, knapp gefügte, gelochte weiße Metallsegmentdecken ergänzen den ruhigen, freundlichen Eindruck.
Sieger Sonderpreis BIM
Bel Ami Wedel – Nachverdichtung einer Wohnsiedlung
blauraum Architekten GmbH
BIM-Begründung der Jury
Das Projekt Bel Ami Wedel von blauraum Architekten überzeugt die Jury durch die gute Qualität seines BIM Prozesses, den ressourcenschonenden Entwurfsansatz eines gelungenen Weiterbauens und seinen beeindruckenden soziokulturellen Mehrwert. Die Planung des Projekts wird in einer stark ausgeprägten BIM Planungsmethode umgesetzt. In dem beschriebenen BIM Prozess erfolgt die Integration und Koordination der Fachdisziplinen. Es werden föderative BIM Modelle verwendet. Die Rollen fachspezifischer BIM Koordinatoren sowie einer übergeordneten Gesamtkoordination sind besetzt. Die Modellierung erfolgt nach einem einheitlichen LOD. Ausgangspunkt des Projekts ist die im Jahr 1953 von einem Wedeler Textilfabrikanten errichtete Werkssiedlung inmitten eines großzügigen Parkgrundstücks. Der Entwurf von blauraum Architekten sieht ein Weiterbauen der historischen Werkssiedlung durch die Ergänzung typologisch verwandter „Partnerhäuser” vor. Zugleich ist der Entwurf von einem starken Gemeinschaftsgedanken getragen, mit dem Ziel, über das bauliche Ensemble hinaus auch das soziale Miteinander zu beleben und zu stärken. Die städtebauliche Anordnung der „Partnerhäuser“ lässt neue, funktional und atmosphärisch differenzierte Außenräume entstehen. So ergeben sich adressbildende Zugangsräume mit einem öffentlichen Gemeinschaftscharakter zwischen den „Partnerschollen“. Die Gartenbereiche im Inneren der „Partnerschollen“ bilden einen intimeren und privateren Gemeinschaftscharakter aus. Die ergänzenden „Partnerhäuser“ gehen durch ihre typologische Verwandtschaft eine harmonische Verbindung mit Bestandsgebäuden ein. Dabei stellen sie eine gekonnte Kombination historischer Typologie mit der Gestaltung zeitgemäßer Wohnkonzepte dar. Differenzierte Grundrisslayouts für vielfältige Wohnformen von Clusterwohnungen für Seniorenwohngemeinschaften, Galeriewohnungen und Reihenhauswohnungen für Familien ermöglichen ein vielfältiges, generationenübergreifendes Zusammenleben. Die architektonische Gestaltung der Häuser zeichnet eine angenehm unaufgeregte wie klare Detaillierung aus. Sie sind von einer angemessenen und dauerhaften Materialisierung geprägt. Besenstrichputz auf mineralischer Dämmung, ziegelgedeckte Dächer und Alu-Holz-Verbundfenster sind sorgfältig getroffene, nachhaltige Materialentscheidungen.